WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

2022 wurde ich eingeladen, eine Installation aus der Serie URBAN–URBAR für das Galeriefest Kassel zu entwickeln. Ich wählte den Standort im Weinberg, der für die Stadt Kassel eine besondere historische Bedeutung hat. Dort installierte ich eine komplett ausgerüstete Waschküche mit Waschmaschine, Trockner und Wäschemangel, dazu eine Wäschespinne und eine 20 Meter lange Wäscheleine, auf denen weiße Wäschestücke im Wind wehten.

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

Weiße Wäsche bedeutet für mich einen symbolischen Kontrapunkt zu Krieg und Zerstörung. Die Reinheit und Pflege der Kleidung steht dabei für eine Art heile Welt, die nichts mit Schützengräben und Verletzungen zu tun hat.

Die Installation war vom 06.05. – 20.05.2022 zu sehen und jederzeit begehbar.

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

Zum ersten Mal stand eine URBAN–URBAR-Installation zwei Wochen lang, Tag und Nacht, meist unbewacht. Anfängliche Befürchtungen, es könne etwas verändert oder zerstört werden, erwiesen sich als grundlos.

Zufällige Passanten fragten, kann man hier jetzt seine Wäsche waschen lassen? Manche hielten es für möglich, dass neuerdings auf dem Weinberg Geflüchtete wohnen und schüttelten den Kopf.

Ältere Besucherinnen nahmen besonders gern die Wäschemangel in Augenschein, fühlten sich an ihre Jugend erinnert.

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

Ganz in der Nähe der Installation war früher eine Wäschebleiche. Bleichen waren ein wichtiger Treffpunkt im Leben von Frauen, neben der schweren Arbeit konnten sie sich dort austauschen, Neuigkeiten berichten und Geschichten erzählen.

Weiße Wäsche, die sich rhythmisch im Winde bewegt, hat ihre eigene Poesie. Sie zeichnet geräuschlos Formen in den blauen Himmel.

Öffentlich präsentierte Wäschestücke, insbesondere Unterwäsche, erzählen von ihren Besitzern in anrührender Weise – zugleich verletzlich und privat und doch ihrer Bestimmung enthoben, körperlos.



Wäsche ist ein globales Phänomen. Alle Menschen waschen ihre Kleidung und hängen sie zum Trocknen auf – meistens sind es Frauen, die diese Arbeit übernehmen.

Krieg ist auch ein globales Phänomen. Nicht immer ist überall Krieg, aber irgendwo ist immer Krieg – meistens sind es Männer, die diese Tätigkeit ausüben.

Wäsche zu waschen und zu trocknen ist eine menschliche Kulturleistung.

Kriege zu führen auch.



Ist daraus die These abzuleiten, dass Frauen friedlich und Männer kriegerisch sind? Oder ist dies eine perfide Arbeitsteilung aufgrund archaischer Gewohnheiten?

Jedenfalls brauchen wir saubere Wäsche, Kriege brauchen wir nicht.

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL

WASCHKÜCHE IM WEINBERG KASSEL